Aus dem Leben,  Kultur,  Wolle

Dänemark-Erlebnisse

Dänemark ist ein wunderbares Urlaubsland – und kaum bin ich wieder zu Hause, könnte ich gleich wieder hinfahren.
In den zwei Wochen in unserer kleinen Hütte konnte ich viel Ruhe genießen, Kraft tanken und vielen Tätigkeiten mit Muße nachgehen, die mir im Alltag verloren gehen.

AußenspiegelDK

Meine Bilanz:

  • Nach vielen Anläufen habe ich es geschafft, den 1000-Seiten-Wälzer von Frank Schätzing („Der Schwarm“) zu bewältigen, dabei bin ich dual vorgegangen. Eine kleineren Teil habe ich gelesen, den größeren Teil per Hörbuch konsumiert (ca. 40 Stunden Sprechzeit). Dies ermöglichte mir, in der ersten Woche
  • zwei Puzzles à 1000 Teile zu puzzlen (ich sprach bereits von meiner alten Kinderleidenschaft des Puzzlens).
  • Vier weitere Bücher habe ich insgesamt gelesen. Eins hatte ich vor meiner Reise abgelichtet und in meiner kleinen Galerie präsentiert – „Die Schule der Frauen“ von Iris Radisch (3. Auflage 2007). Der aus meiner Sicht recht vielversprechende Titel stellte sich als ziemliche Niete dar. Die ersten vierzig Seiten las ich noch, bekam immer mehr den Eindruck, dass die Autorin auf einer recht infantilen Entwicklungsstufe stehengeblieben zu sein scheint. Sie beschreibt ihr recht ungeordnetes Leben bis zum Alter von 36 Jahren, in dem sie ihr erstes Kind bekommt, und sich alles verändert. Bis dato lebt sie ein ewiges Studentenleben, das für sie eine Zeit der Unreife zu sein scheint, da sie nicht in der Lage ist, sich eine warme Mahlzeit zuzubereiten und sie sich kein Bett kauft, sondern auf einer Matratze schläft. Das Ganze wird durchzogen von einer latenten Intellektuellenfeindlichkeit – das ewige Herumphilosophieren, so sind sie, die lebensuntauglichen Studenten und Kinderlosen, die von der Autorin immer munter in einen Topf geworfen werden.

Mein spezieller Alltag entsprach jahrelang dem eines intellektuellen Renterpaares. Und auch damit war ich sicherlich nicht allein. Es waren just die Jahre, welche die Natur ursprünglich für die Elternschaft vorgesehen hat und die ich mit Hilfe der Pharmaindustrie in eine splendide Studienzeit verwandeln konnte. Meine Tage waren nicht spektakulär, ich nutzte meine Zeit nicht dazu, auf den Mount Everest zu steigen, durch China zu radeln, die Robben vor Spitzbergen zu verteidigen oder verirrte Braunbärbabys in den kanadischen Wäldern einzufangen. Ich hatte gar nicht das Gefühl, in einer priviligierten Situation zu sein, Zeit für ungewöhnliche Lebensexperimente zu haben. Im Gegenteil. Wir schliefen lange in unserem kleinen intellektuellen Frührenterhaushalt, weil wir nachts lange diskutiert und gelesen hatten. Frühstückten diskutierender- und lesenderweise im Bett. Danach ging es ins Seminar. Abends noch einen Spaziergang durchs Viertel. Zum Abschluss gab es auf dem Fußboden vor den Fernsehnachrichten hockend schnell noch ein paar Brote, die wir – weil uns alles andere als die Kunst, die Literatur, das Theater offenbar gleichgültig war – schnell bei „Penny“ geholt hatten (das unterscheidet uns von unseren popintellektuellen Nachfahren, die sich immerhin bei dem ganzen Gerede noch dafür interessieren, welches Dressing auf ihren Rucola-Salat kommt). Die Nacht verbrachte ich über meinen Seminararbeiten, mein vom Subventionstheater verschmähter Künstlergefährte sortierte nebenan seine kostbare Büchersammlung, nach Mitternacht, wenn auch im Haus gegenüber endlich alles ruhig war, wurde alles Gelesene und Geschriebene und Gedachte und Gehörte noch einmal gründlich durchgesprochen. Das dauerte bis zum Morgengrauen.
Mit der Außenwelt, mit Arbeitskollegen, mit unseren Familien, mit einem lebendigen Netz aus Freunden, Verwandten und Nachbarn hatten wir wenig zu tun. Wir waren was viele neben uns auch waren: intellektuelle Raumkapseln, hochspezialisiert und lebensfremd, schlecht sozialisiert und alltagsuntauglich. Schon die Zubereitung einer selbst hergestellten Gemüsesuppe war in jener Zeit ein seltenes Wagnis, die Reparatur eines defekten Schreibtischstuhls war uns nicht zuzumuten. […] Kinder, über die wir gar nicht sprachen, die für uns in eine unerreichbare Parallelwelt zu gehören schienen, hätten uns heillos überfordert. Rein handwerklich gewissermaßen. Vom Rest gar nicht zu reden.
Heute wird viel vom Egoismus der gebildeten kinderlosen Paare gesprochen. Es wird ihnen unterstellt, sie könnten von ihrem Wohlleben nicht lassen, hätten verlernt zu teilen, fürchteten um ihren Malediven-Urlaub, ihren Zweitwagen und dergleichen Schnickschnack mehr. Ich glaube nicht, dass es sich bei den beschriebenen Verkrüppelungen eines akademischen Lebens in den gebärfähigsten Jahren um Egoismus gehandelt hat. Eher eine nicht klar zu definierende Mischung aus finanzieller Unselbständigkeit, kindlichen Versorgungsansprüchen (wenn das Subventionstheater mich nicht will, muss der Staat mich eben unterhalten; solange ich Hegel studieren will, muss mein Vater eben zahlen), alltäglicher Lebensunfähigkeit und allgemeiner Spintieserei, wie sie sich auf sozialen Isolierstationen gerne einstellt. Will man uns böse, so könnte man sagen: Wir waren nicht nur die ersten Bildungszombies, wir sind auch die ersten Studienzombies, Kulturzombies, Kunstzombies, Medienzombies, ja, sagen wir doch gleich – Lebenszombies. Aber das geht nun doch zu weit. (S. 40-42)

Es folgen noch weitere Ansichten – das Schwadronieren hält bis zur letzten Seite des Buches an. Wirklich kein Buch für schwache Nerven!

  • Mein bereits seit einiger Zeit fertiggestellter Kurzarmpullover wurde das erste Mal ausgeführt und hat sich als Star für nordseeklimatische Gebiete erwiesen.

Kurzarmpullover_Folklore_fertig

  • Wolle für ein neues Strickprojekt hatte ich vor meinem Urlaub nicht erstanden. Vielmehr hatte ich meine orangene (Unheils-)Wolle im Gepäck, die aus dem Männerpullover-Drama stammt und noch wartete, verstrickt zu werden. Mehrere Versuche hatte ich bereits unternommen, ein passendes Modell zu finden und umzusetzen. Die Vorschläge zur Verstrickung des Originalgarns der Seite DROPS inspirierte mich leider nur wenig, so dass ich es auf eigene Faust versuchte. Meine Idee war ein Muster, das wenig zum Ausleiern neigt, um nicht wieder in dieselbe Baumwollfalle zu tappen. Im ersten Anlauf versuchte ich, das Muster eines erfolgreich gestrickten Pullovers zu wiederholen, schwenkte dann auf ein lange aufbewahrtes Modell aus einer alten BRIGITTE-Ausgabe um (Originalgarn „Samoa“ von GGH), das ihr auf dem Foto meines letzten Blogeintrages bewundern konntet. Nach 30 Zentimetern wurde mir das Muster langweilig und zu schwer. Wieder Schwenk zur Eigenkreation, diesmal langes Bündchen wie mein neuestes Modell, dann weniger Maschen aufnehmen und im Perlmuster arbeiten. Den Schnitt will ich so einfach wie möglich halten (gerade hochstricken, gerader Halsauschnitt, Ärmel ohne Zunahmen) – ähnlich wie mein erster grauer Rollkragenpullover. Mal sehen, ob es was wird …
    Hier ein kleiner Ausschnitt des Projektes inklusive urlaubige Faulenzilitis.

WolleundLesen

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Ein Kommentar

  • bhs

    Godmorgen , velkommen hjem !

    Tja, und ich habe es nicht mal geschafft graue Wolle für einen Schlauchschal zukaufen, geschweige denn ein Puzzle fertiggestellt. Allerdings habe ich fleißig gelesen und überhaupt: Urlaub ist schön.

    Vi ses snart.

    bhs

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