Kultur
Literarische Beiträge, philosophische Beiträge, feministische Gedanken ...
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Jeder ist seines eigenen Glückes Schmied?
Je älter ich werde, desto kritischer schaue ich auf viele Dinge, an denen ich mich noch vor ein paar Jahren nicht gestoßen hätte. Nun habe ich seit einiger Zeit vermehrt Gespräche mit Gleichaltrigen – also Mitdreißigern – über Themen wie Lebensziele, Lebenskrisen, Erwartungen, den Sinn des Lebens. Teilweise aus Interesse, wie mein Gegenüber reagiert, teilweise aus aktuellem Anlass (z.B. vorübergehende Arbeitslosigkeit, Trennung vom Partner, erstes Kind).
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Bei manchen dieser Gespräche läuft es mir eiskalt den Rücken hinunter. Ich bin entsetzt über die konservativen FDP-getränkten Einstellungen, die vertreten werden. Trotz Arbeitslosigkeit oder Beschäftigung in prekären Verhältnissen als Selbstbetroffene oder bekannt aus der eigenen Familie/Verwandtschaft, äußern diese Menschen Sätze à la „Wer will, findet auch Arbeit.“, „Wir haben trotz Sozialhilfe gut gelebt. Wir waren mit wenig zufrieden.“, oder eben das altbekannte Sprichtwort „Jeder ist seines eigenen Glückes Schmied.“
Diese Gespräche haben mich teilweise derart aufgewühlt, aggressiv gemacht, so dass ich mich in der Literatur umgeschaut habe, die sich mit diesen Thesen auseinandergesetzt. Fündig bin ich u.a. bei einer mir aus dem belletristischen Bereich bekannten Autorin Herrad Schenk, die ein Buch mit dem Titel Glück und Schicksal – wie planbar ist unser Leben? geschrieben hat, aus dem ich im Folgenden einige – für mich – wichtige Passagen zitieren werde. -
Schön sein …
Gestatten: Ich bin Feministin. Wenn ich diese Selbstbezeichnung wähle, dann ernte ich oft Verwunderung, Belustigung und manchmal auch Ablehnung. Feminismus, so denken viele, ist spätestens jetzt überflüssig, lächerlich, aberwitzig. Für manche ist die Sache mit der Emanzipation der Frauen sogar schon zu weit gegangen. Das alles würde ich zu gern glauben und mich anderen Dingen im Leben zuwenden. Aber dann merke ich, dass uns Frauen immer noch ein zentrales Recht fehlt: Das Recht ein Mängelwesen zu sein. Da steht ein kleines Kind vor mir, gerade fünf Jahre alt geworden, und es erklärt mir, dass es seine beste Freundin deswegen am liebsten mag, weil sie so schön ist. Dieses Kind ist meine Tochter […].
So beginnt ein inspirierender Artikel aus meiner Lieblings-Wochenzeitung der freitag (Nr. 10 vom 5. März 2015). Die Autorin Katrin Rönicke nimmt Frauenkörper unter die Lupe, beschreibt o.g. frühes Einteilen von „schön“ und „hässlich“, das bereits kleine Mädchen bemerken und verinnerlichen. Weiter geht es um den Zusammenhang von Schlanksein und Einkommen bzw. Karrierechancen, und den Einbußen, die eine Schwangerschaft aufgrunddessen mit sich bringt. Bei Männern spielen diese Aspekte keine Rolle.
Ein aktuelles Thema, dem sich (glücklicherweise) wieder viele Autorinnen, Bloggerinnen widmen. Stoppt den gruseligen Backlash!Der Artikel endet mit folgenden Worten:
Ich bin Feministin, weil ich das alles nicht will. Ich will, dass meine Tochter Schönheit icht mit Maßen verbindet. Ich will, dass „Vereinbarkeit“ keine Lüge mehr ist. Ich will, dass sie sich den Raum nimmt, den Männern ganz selbstverständlich gegeben wird – egal ob sie dick oder dünn, groß oder klein, Mutter oder kinderlos, brünett und weiblich oder blond und burschikos ist. Kurz: Ich will, dass Männer und Frauen sich gleichermaßen um das Soziale, das Ökonomische und das Politische in der Gesellschaft kümmern. Hand in Hand.
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Retro-Weibchen
Nach langer Zeit mal wieder ein feministischer Buchtipp von mir. Ich lese viel auf diesem Gebiet und kann euch berichten: es gibt leicht verdauliche und schwer verdauliche Literatur zu diesem Thema.
Folgendes Werk gehört eher zu den leicht verdaulichen, was nicht heißt, dass es keine kritischen Worte findet. Der Schreibstil ist nur etwas unterhaltsamer und weniger wissenschaftlich. Ich erhoffe mir von dieser Art von Büchern, dass sie auch Frauen in die Hände fallen, bei denen das Wort Feminismus noch immer negative Assoziationen hervorruft und die durch das Lesen eines besseren belehrt werden (können).
Der Titel lautet „Schneewittchen-Fieber : warum der Feminismus auf die Schnauze gefallen ist und uns das Retro-Weibchen beschert hat“ und ist geschrieben von der Österreicherin Angelika Hager. Aufmerksam geworden auf das Buch bin ich über die Tageszeitung der freitag, der Frau Hager ein sehr unterhaltsames Interview zu ihrem neuen Buch gegeben hat.
Wie bereits erwähnt: es lässt sich flüssig lesen, aber es ist der Autorin anzumerken, in welchem Beruf sie tätig ist. Gleiche Erfahrungen hatte ich bereits bei Basha Mika, die ebenfalls Journalistin ist. Das Buch ist im Prinzip eine Aneinanderreihung von Anekdoten, Themen werden von der Autorin angerissen, aber leider nicht vertieft, teilweise werden aufgestellte Thesen mit statistischem Datenmaterial unterfüttert.Im Namen des Internationalen Frauentages: Macht euch selbst ein Bild und lest es bitte!
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Nachtrag zu „Die Wand“
Derzeit habe ich besonderen Umständen entsprechend Muße, meine Stapel von ZEIT-Ausgaben durchzuarbeiten (und meine Wolle belauert mich ebenfalls). Dabei bin ich auf einen Artikel gestoßen, der mich dermaßen aufgeregt hat, dass ich ihn hier verlinke, obwohl er dadurch mehr Raum bekommt, als ihm gut tut.
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Vielleicht ist es besser, weniger Rezensionen zu Filmen, die man mag, zu lesen und sich lieber der stummen Wolle zuzuwenden. Ich sagte ja bereits, dass sie mich belauert … -
Die Angst vor der absoluten Einsamkeit
Einen guten Roman auf die Leinwand zu bringen, birgt meiner Meinung nach immer Risiken. Oft bleiben die Phantasiegebilde, die während des Lesens entstehen, beim Betrachten des Filmes auf der Strecke und werden enttäuscht.
Julian Roman Pölsler ist als Drehbuchautor und Regisseur eine grandiose Verfilmung des Buches „Die Wand“ von Marlen Haushofer gelungen.Der Roman der früh verstorbenen Autorin handelt von einer Frau mittleren Alters, die zusammen mit ihrer Cousine und dessen Mann einige Tage in einem Jagdhaus in den Bergen verbringen möchte. Das Paar kehrt von einem abendlichen Ausflug in das Dorf nicht mehr zurück. Über Nacht hat eine unsichtbare, undurchdringbare Wand die Frau von der Außenwelt abgeschnitten. Jenseits der Wand herrscht Totenstille.
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Erstaunlich schnell arrangiert sich die Protagonistin mit ihrem Schicksal. Sie verspürt den Wunsch weiterzuleben, obgleich sich ihr keinerlei Zukunftsperspektive bietet, und beginnt, sich auf ein Leben in totaler Einsamkeit und Selbstversorgung mit Ressourcenknappheit einzurichten. Alleinige Weggefährten sind ein Jagdhund, den das Paar zurückgelassen hat, später eine Kuh und eine Katze.