Anfang letzten Jahres warf ich einen Blick zurück auf das damals vergangene Jahr. Das möchte ich 2022 ebenfalls tun, da ich auch 2021 wieder einige interessante Bücher gelesen habe, von denen ich euch berichten möchte. Wieder waren es knapp 60 Bücher und Hörbücher, einige davon habe ich ein zweites oder drittes Mal gelesen bzw. gehört. In meiner Auswahl befinden sich diesmal neben zwei Einzelwerken auch Zusammenstellungen mehrerer Werke zweier Autoren, von denen mich einer gut unterhalten (Belletristik), der andere mich wesentlich schlauer gemacht hat (Sachliteratur).
Ng, Celeste: Was ich euch nicht erzählte
Über dieses Buch habe ich bereits in kurzen Sätzen nach meinem letzten Sommerurlaub berichtet. Es handelt von einer jungen Frau, die im Jahr 1977 nicht zum Familienfrühstück auftaucht und kurz danach tot aufgefunden wird. Wurde sie ermordet oder war es Selbstmord? Diese Frage ist wichtig, jedoch nicht zentral, da es im Kern um die Familiengeschichte geht. Um die Eltern, die ihren Kindheitsballast noch immer mit sich herumtragen und ungelebte Wünsche auf ihre Kinder projizieren. Leider zu wahr.
Pollock, Lucy: Das Buch über das Älterwerden (für Leute, die nicht darüber sprechen wollen)
Von der britische Geriaterin Lucy Pollock habe ich viel über die Folgen und Auswirkungen des Alterungsprozesses gelernt. Sie erklärt anhand von Anekdoten aus ihrem Alltag mit älteren Patientinnen und Patienten wie sich schleichend Veränderungen im Reaktionsvermögen bemerkbar machen, die Kräfte nachlassen und es schwer ist, sich einzugestehen, dass es schlauer ist, bestimmte Tätigkeiten, zum Beispiel Autofahren, ab einem gewissen Zeitpunkt einzustellen.
Auf der anderen Seite fand ich es interessant, dass gerade Angehörige und auch Ärzt:innen aus Fürsorglichkeit den Alterungsprozess beschleunigen und die Selbstständigkeit untergraben können, indem sie beispielweise nach einem einmaligen Sturz den Patient:innen davon abraten, wieder auf ein Fahrrad zu steigen, oder der Mutter/dem Vater fast alles im Alltag abnehmen und somit den Weg ins Altersheim ebnen. Lange in den eigenen vier Wänden leben und Alltagsroutinen einhalten hilft vielen Menschen, bis ins hohe Alter selbstständig zu werden, und wenn es nur der tägliche Gang mit dem Rollator zum Bäcker ist.
Auch fand ich interessant, wie wichtig Gespräche mit Ärzt:innen über die korrekte Medikamenteneinnahme sind. Viele Menschen nehmen verschriebene Medikamente nicht korrekt ein oder verzichten ganz auf die Einnahme, da es ihnen nicht ausreichend erklärt wird und sie Angst haben, nachzufragen. Gerade bei älteren Menschen, die häufig mehrere Medikamente gleichzeitig nehmen müssen, kann dies fatale Auswirkungen haben. Gelernt habe ich ebenfalls, dass Nebenwirkungen mancher Medikamente ausgeprägter als die ursächlichen Symptome sein können, so dass es in manchen Fällen sogar besser sein kann, sie in Rücksprache abzusetzen. Und dass Nebenwirkungen auch die Ursache von Stürzen sein können. Nicht alle Alterserscheinungen sollten laut der Autorin automatisch dem Alter zugeschrieben werden: es sei nicht «normal», wenn ältere Menschen häufig stürzten. Neben Medikamenten könne auch eine schlecht eingestellte Brille oder eine zu geringe Flüssigkeitszufuhr die Ursache sein.
Ein letzter wichtiger Punkt: sich frühzeitig Gedanken über eine Patientenverfügung und einen digitalen Nachlass zu machen.
Alt werden wir schließlich alle.
Werke von Jason Starr
Von dem US-amerikanischen Autoren Jason Starr habe ich bereits vor vielen Jahren die Titel Panik und Stalking gelesen, die mir bereits damals gut gefielen. Letztes Jahr überkam es mich plötzlich und ich kaufte mir alle antiquarisch verfügbaren Bände. Die Geschichten gefallen mir alle außerordentlich gut, obwohl sich die Schauplätze und Protagonisten ähneln: eine Zeitreise in das New York der 80er-Jahren mit (noch nicht) gescheiterten Männern in den 30ern, die für eine Karriere einiges in Kauf nehmen und auch vor Verbrechen nicht zurückschrecken. Alles in einem schnörkellosen Stil, häufig mit offenem Ende. Zu meinen persönlichen Bestsellern zählen Top Job, Hard Feelings und Twisted City.
In seinen neuen Werken legt Starr eine Schippe Sex & Crime nach, der Ton wird rauer, die Handlungen teils brutaler. Die Personen sind jedoch authentisch: verzweifelt, verwirrt, verstrickt. Ich wünsche ihnen an vielen Stellen, dass sie den Absprung schaffen, aber sie verstricken sich immer mehr in ihren eigenen Widersprüchen und verpassen die Gelegenheit, auszusteigen. Sehr unterhaltsam und spannend!
Werke von Malcolm Gladwell
Die Bücher von Malcolm Gladwell haben mich gleichzeitig ernüchtert und sehr schlau gemacht.
Der in Großbritannien geborene kanadische Journalist und Autor schreibt seit 1996 für The New Yorker und seit 2000 mehrere Bücher, die zu Bestsellern wurden.
Folgend meine zwei Favoriten:
In Die Kunst, nicht aneinander vorbeizureden erläutert Gladwell anhand verschiedener Beispiele, weshalb Zusammentreffen mit Menschen, die wir nicht kennen, so häufig scheitern (der Übersetzungstitel ist etwas irreführend, der Originaltitel lautet Talking to Strangers). Aus Unkenntnis der Erwartungen und Empfindungen des fremden Gegenübers reden wir aneinander vorbei.
Drei interessante Beispiele:
Chamberlain traf sich mit Hitler und war anschließend überzeugt, «dass nun jeder von uns den Standpunkt des anderen versteht».
Haftrichter gehen davon aus, dass sie ein korrektes Urteil über die mögliche Freilassung auf Kaution aussprechen, wenn sie den Angeklagten von Angesicht zu Angesicht gegenüberstehen. Eine Untersuchung der Harvard-Universität zeigt jedoch, dass ein Computerprogramm – mit denselben Daten gefüttert, die die Staatsanwaltschaft den Richtern vorlegt – den menschlichen Richtern haushoch überlegen ist. «Die Angeklagten, die der Computer auf Kaution freigelassen hätte, begingen in der Zeit vor dem Prozess mit einer um 25 Prozent geringeren Wahrscheinlichkeit eine Straftat […].»
Unternehmen sind überzeugt, bessere Entscheidungen in der Personalauswahl treffen zu können, wenn sie zukünftige Beschäftigte zu stundenlangen Vorstellungsgesprächen einladen, anstatt die Auswahl anhand der Bewerbungsunterlagen vorzunehmen (speziell zu diesem Thema sei mir noch der Hinweis auf den großartigen Wirtschaftspsychologen Prof. Uwe Kanning erlaubt, der viel zu diesem und anderen Mythen rund um das Personalmanagement an der Universität Osnabrück forscht und sein Wissen neben zahlreichen Publikationen auch in kurzweiligen Youtube-Videos vermittelt).
In der Rezension des Verlages Piper heißt es:
Gladwell gibt unserer Kommunikation einen Rahmen: Sein Buch ist eine kluge Analyse der psychologischen und kulturellen Faktoren, die unser Reden und Verhalten bestimmen. Und es ist ein Ratgeber in Zeiten, in denen überall Missverständnisse lauern, weil wir uns heute mehr denn je mit Menschen verständigen müssen, die uns nicht vertraut sind.
Das Buch Überflieger: warum manche Menschen erfolgreich sind wird allen denen ein Dorn im Auge sein, die der Überzeugung anhängen, Erfolg und Glück seien überwiegend auf persönliche Leistung zurückzuführen («jeder ist seines eigenen Glückes Schmied»).
Anhand zahlreicher Beispiele zeigt er auf, dass Menschen im Wesentlichen erfolgreich werden, da sie
das Glück hatten, zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort und meist in privilegierten Verhältnissen geboren zu werden. Bill Gates hätte beispielweise nur wenige Jahre früher oder später geboren entweder noch nicht die technischen Möglichkeiten zur Verfügung gehabt bzw. wäre wahrscheinlich von anderen zu einem späteren Zeitpunkt überholt worden. Zudem hatte er durch sein Elternhaus die Chance, an einer Eliteuniversität zu studieren. Würde er aus weniger priviligierten Verhältnissen stammen, hätte er diese Option niemals gehabt.
Selbst ein hoher Intelligenzquotient ist kein Garant für Erfolg.
mehr als 10.000 Übungsstunden hinter sich haben, um Experte in ihrem Bereich zu werden. Talent spielt eine eher untergeordnete Rolle. Die Beatles hatten vor ihren ersten Live-Auftritten in Hamburg bereits Tausenden von Stunden zusammen in Proberäumen und auf Bühnen verbracht.
Dank meines Berufs habe ich (fast) täglich Bücher in den Händen oder auf dem Bildschirm, die ich selbst nicht immer entdeckt bzw. wenn ich sie entdeckt hätte, vielleicht nicht immer durchgeblättert hätte.
In einem Bildband über eine Zukunftsvision der Stadt Stuttgart, der verschiedene Menschen porträtiert, bin ich auf einen Beitrag über eine Frau gestoßen, die mit einem grünen Daumen gesegnet ist und eine Wohnung voller Pflanzen hat. Die weiteren Details erinnere ich nicht mehr. Mich fesselte mehr der Anblick des Pullovers, den sie trug. Ein senfgelbes Exemplar, übersät mit Noppen.
Noppen hatte ich höchstens mal in meiner Kindheit gehäkelt (die gefürchteten Erdbeer-Häkeleien!), aber zuvor noch nie gestrickt. Vergessen war mein Vorsatz, keine weiteren Pullover in nächster Zeit zu stricken. Und da ich mich gerade in einer Zeit befinde, ich der ich über die Qualität meiner bereits gestrickten Stücke sinniere, fand ich die Idee akzeptabel, ein weiteres Kleidungsstück aus der bewährten Wolle Alta Moda Alpaca zu stricken.
Im Vergleich zu vielen anderen Qualitäten fusselt sie wenig bis gar nicht, pillt nicht und leiert verhältnismäßig wenig aus. Bei meinen jüngst gestrickten Pullovern fand ich den Ausleierungsgrad nach nur wenigen Tragestunden beachtlich. Dabei hatte ich sie weder gewaschen, noch Materialien verarbeitet, die anfällig für das Ausleiern sind (z.B. Baumwolle). Von einigen wenigen Stücken musste ich mich aus letzterem Grund irgendwann trennen, da die Ärmel immer länger und der Rumpf immer weiter wurde. Waschen und nass zurechtzupfen reichte irgendwann nicht mehr aus.
Quelle: Stuttgart 2030 – eine Stadt für die Menschen, Peter Grohmann-Verlag
Nun ist es bereits Oktober und ich habe noch gar nicht alle meine Sommer-Artikel geschrieben. Irgendwie war in den letzten Wochen viel los.
Noch vor meinem Urlaub habe ich das zweite Mal eine Miniaturausgabe von einem Kleidungsstück angefertigt – und sogar für dasselbe Kind! Die Kleine meiner Freundin ist ein August-Kind. Und nachdem ich meine arme Freundin ungewollt unter Druck gesetzt hatte, den Pullover für ihre Tochter zu stricken, war sie mir glaube ich am Ende ganz dankbar, dass ich übernommen habe (und mich über die Beschäftigung auch gefreut habe). Diesmal war es wirklich ein echter Marathon-Pullover: an einem langen Wochenende fertigbekommen! Ich musste mich sputen, damit ich noch vor Abreise meiner Freundin die Geburtstagstüte auf den Schreibtisch stellen konnte. Schuld war die durch Homeoffice bedingte seltene Anwesenheit im Büro, dann noch der Urlaub.
Wie ihr seht handelt es sich um die kleine Version des Ankers Pullover – den Ankers Pullover Junior (gibt es mittlerweile in fast allen Größen, auch für Säuglinge). Die Passe habe ich aus der Restwolle meines Pullovers gestrickt (das Verwenden der Restwolle war auch der Grundgedanke, diesen Pullover überhaupt zu stricken). Den Rest habe ich in einer Wunschfarbe des Kindes dazugekauft. Zum Glück hat die Caramell-Farbe noch gereicht, um an den Ärmelbündchen ein paar Akzente zu setzen.
Mir wurde berichtet, sie habe sich beim Auspacken gefreut. Die erste Anprobe steht jedoch noch aus, da es bislang zu warm war. Hoffentlich wird es bald richtig Herbst …
So schnell, wie es mit dem ersten Ärmel in der Magic Loop voran ging, setzte es sich beim zweiten Ärmel fort. Letzte Woche war dann der Pullover fertig. Mein Sicherheitsknäuel musste ich nicht anrühren, es hat jedoch ein wenig zu meiner Entspannung beigetragen.
Herausgekommen ist ein schlichtes, angenehm warmes, etwas enger anliegendes Kleidungsstück, das sich gut kombinieren lässt und sicher auch für die Übergangszeit geeignet ist.
Mein zweites Wollpaket mit der ggh Sportlife-Wolle enthielt nicht nur Wolle für den Flechtmuster-Pullover, sondern auch zwei Knäule blaue Wolle für eine Mütze. Ich habe die Stockholmmütze noch einmal in einem anderen Garn gestrickt, denn leider musste ich feststellen, dass sich die Mütze im Originalgarn trotz Gummiband nicht angenehm tragen lässt. Das Gummbiband sitzt wegen des großen Umschlags recht weit oben am Kopf, was zur Folge hat, dass sich die Mütze bei Kopfbewegungen nach und nach vom Kopf herunterarbeitet. Ohne Gummiband allerdings rutscht die Mütze bis auf die Nase bzw. wird vorher von der Brille abgestoppt.
Mit Erleichterung kann ich sagen, dass ich diesmal meine Hände in Unschuld wasche: alles, was ich richtig machen konnte, habe ich richtig gemacht. Angefangen vom Garn, Nadelstärke, Maschenprobe. Vielleicht hätte ich dem Rat nicht folgen sollen, die Mütze vor dem ersten Tragen zu waschen. Danach war sie außer Form und hat diese auch nach dem Trocknen nicht wiedererlangt.
Die ggh-Mütze ist nun recht eng, macht fliegendes Haar, aber sie sitzt und rutscht nicht.
Im Gegensatz zu einigen Menschen habe ich noch keinen Lagerkoller, woran wahrscheinlich meine Stubenhocker-Mentalität mit schuld ist. Allerdings macht es auch für nicht übermäßig aktive Personen wie mich einen Unterschied, ob sie das im-Haus-bleiben frei wählen oder äußere Umstände sie dazu zwingen. Aber noch ist es auszuhalten: die Wollbestellungen laufen, eben habe ich Stoffe für Prototyp-Schutzmasken für das Wochenende gebügelt. Des Weiteren warten unzählige Bücher gelesen und Podcasts gehört zu werden. Weiter geht es immer.
Ein kurzer Überblick über die letzten Woll-Ereignisse:
die Socken für die Freundin-Tochter sind fertig. Zusammen mit einigen Büchern, damit der ältere Bruder nicht leer ausgeht, sind sie gestern vom Büro, wo ich sie hinterlegt hatte, nun zu den Kindern gewandert. Und da es sich um Kinder handelt, die locker jeden Marshmallow-Test bestehen würden, wird die Überraschungstüte erst in diesen Minuten, in denen ich diesen Beitrag schreibe, geöffnet. Bin ich gespannt …
Mit dem Ankers Pullover geht es sehr schnell voran. Mittlerweile sind Rumpf und der erste Ärmel fertig (das Bild hinkt in der Zeit etwas hinterher). Für die Ärmel habe ich eine neue Technik ausprobiert, die auch Mette in ihren Anleitungs-Videos zeigt: den Magic Loop. Dahinter verbirgt sich das Rundstricken mit einer langen Rundstricknadel statt mit Nadelspiel. Das Nadelspiel ist immer etwas sperrig, wenn man schon viel Wolle verstrickt hat und einen Teil „anstrickt“. Es besteht die Gefahr, dass man mit den Nadeln an verschiedenen Stellen hängenbleibt und sich Schlaufen in das bereits gestrickte Stück ziehen. Mit der Rundstricknadel strickt es sich wesentlich flüssiger, allerdings brauchte ich ein paar Runden, um den richtigen Dreh zu bekommen. Nach der Hälfte der abgestrickten Maschen muss die linke Nadel immer in neue Stellung gebracht werden, während die rechte Nadel weit herausgezogen wird, um Spiel zum Abstricken zu geben. Wem diese Beschreibung kryptisch erscheint, einfach das verlinkte Video anschauen – und ausprobieren, es lohnt sich.