Die Wahl des richtigen Garns ist ein wichtiger Schritt bei jedem Strickprojekt. In meinem Fall hatte ich die Wolle nach Farbe ausgesucht, wie ich bereits in einem anderen Blogbeitrag erwähnt habe. Doch diesmal gab es eine zusätzliche Herausforderung: das Garn ist sehr anfällig für Pilling, was bei fertigen Strickstücken zu einer unerwünschten Materialmüdigkeit führt. Hinzu kommt, dass die Lauflänge mit 108 Metern pro 50 Gramm recht dick ist – das bedeutet weniger Meter für ein größeres Projekt. Trotzdem war die Farbe einfach perfekt, also habe ich mich entschieden, die Wolle zu bestellen, ohne vorher eine konkrete Anleitung herauszusuchen.
Anlauf Nr. 1: Claire Cardigan
Der erste Versuch war ein Claire Cardigan, ein schönes Modell mit Fledermausärmeln. Ich war gespannt, wie die Wolle sich verstricken würde, und hatte viel Freude am Anfang des Projekts. Doch schon nach der Hälfte des Cardigans musste ich enttäuscht feststellen, dass die Wolle nicht ausreichte und das Strickstück viel zu schwer wurde. Der Cardigan fühlte sich unangenehm an, und die Passform war nicht mehr so, wie ich es mir vorgestellt hatte. Die dicke Wolle machte das ganze Projekt schwer und unhandlich – also trennte ich alles wieder auf.
Anlauf Nr. 2: Robin Sweater von Paula M.
Nach diesem Rückschlag entschloss ich mich, es mit einem anderen Modell zu versuchen: dem Robin Sweatervon Paula M. Ein wunderschöner Schnitt, der mir auf den ersten Blick gut gefiel, aber auch hier kam es zu ähnlichen Problemen. Besonders herausfordernd waren die Raglanzunahmen an der Schulterlinie, da der Winkel der Nadeln durch die zwei Punkte (im Vergleich zu den klassischen vier beim Raglan von oben) sehr steil war. Diese Steilheit stellte meine Handgelenke auf eine harte Probe, und ich hatte das Gefühl, die Nadel ständig in ungünstigen Positionen halten zu müssen. Trotz des schönen Schnitts war der Pulli einfach nicht angenehm zu stricken, vor allem aufgrund der schwerfälligen Wolle. Auch dieses Projekt landete in der Auftrennkiste.
Finaler Anlauf: Korshavn Pullunder
Nach zwei gescheiterten Anläufen war ich ein wenig frustriert, aber ich wollte nicht aufgeben. Schließlich erinnerte ich mich an den Korshavn Pullunder, den ich bereits dreimal gestrickt hatte. Ein bewährtes Modell, bei dem ich schon einige Erfahrungen gesammelt hatte. Also entschloss ich mich, dieses Modell erneut zu stricken, diesmal jedoch mit einem doppelten Faden, um der Maschenprobe gerecht zu werden. Auch die Lauflänge hatte ich diesmal genau berechnet, um nicht ein weiteres Mal zu stranden.
Bislang läuft alles gut, und ich bin zuversichtlich, dass der Pullunder am Ende genau so wird, wie ich es mir wünsche.
Resultat
Der Pullunder sitzt etwas knapper und ist weniger warm, aber ich bin nach der langen Odyssee letztendlich froh, eine gute Lösung gefunden zu haben.
Cardigan No. 7, My favourite things, Garnqualität DROPS Air und Kid Silk
Ein weiteres skandinavisches Label, das ich bereits vor etwas längerer Zeit entdeckt, jedoch bislang noch keine Strickanleitungen bestellt, nennt sich My Favourite Things. Auch hier hat man die Qual der Wahl, sich zwischen den vielen schönen Modellen für eines zu entscheiden. Mir fiel schnell eine Strickjacke ins Auge. Da die Designerin ihren Strickwerken laufende Nummern gibt, handelt sich bei meiner Wahl um den Cardigan No. 7. Eine kurze Jacke mit leichten Ballonärmel und einem längerem Bündchen.
Das Originalgarn war auch hier wieder recht hochpreisig, aber Instagram sei Dank fand ich das Bild einer Nutzerin, die ihre Jacke mit dem wesentlich günstigeren DROPS-Garn gestrickt hatte. Statt Alice (Permin) wurde es DROPS Air und statt Angel (Permin) DROPS Kid Silk.
Es ist ein flauschiges Grün mit leichter Melange geworden – ähnlich einem früheren (gekauften) Rollkragenpullover, den ich jahrelang gerne getragen habe und etwas vermisse.
Obacht auch bei diesem Modell bei der Wahl der Größe!
Den Maßangaben entsprechend habe ich mich für Größe M entschieden, musste jedoch die Nadelgröße anpassen, um auf die gewünschte Maschenprobe zu kommen – Nadeln 5,5, (statt 7) und 4,5 (statt 5). Meine Wahl hat sich bewährt.
Die Ärmellänge ist bewusst etwas kürzer geschnitten und wird dem unweigerlich eintreffenden Ausleierungseffekt hoffentlich ein wenig entgegenwirken.
Wie bereits angedeutet, hatte es dieses Strickstück in sich. Die Anleitung enthält eine ganze Reihe an logischen Fehlern, was die Arbeit erheblich erschwerte. Dies werde ich auch den Betreiberinnen von Knit Knit mitteilen; ist es doch schade, wenn diese ansonsten sehr schöne Jacke von einigen aus diesen Gründen nicht fertiggestrickt werden sollte, da sie vorzeitig die Geduld und/oder der Mut verlässt.
Die Jacke besteht aus zwei Vorderteilen, Rückenteil und Ärmeln. An den Längsseiten der Vorderteile verläuft eine Blende, in die auch die Knopflöcher bzw. Knöpfe eingearbeitet werden und deren Enden sich im Nacken treffen.
Zusammenfassend haben mir drei Sachen die Arbeit erschwert:
Patentmuster mit gerader Maschenanzahl funktioniert nicht:
bis auf das Rückenteil werden alle anderen Teile mit gerader Maschenanzahl gestrickt, was dazu führt, dass das Muster nicht aufgeht bzw. bei den Vorderteil der Übergang vom Bündchenmuster zum Patentmuster. Nach einigen Anläufen habe ich die Reihenfolge der Maschenabfolge beim Bündchenmuster geändert (statt 1 re/1 li nun 1 li/1 re), damit das Anschlussmuster passt
das Bündchenmuster hebt sich kaum vom Patentmuster ab:
dieses optische Problem konnte ich insofern beheben, als dass ich die Maschen verschränkt gestrickt habe, auch die Maschen für die Kragenblende
die beschriebenen Zunahmen sind fehlerhaft:
Zum Ersten ist bei den Ärmeln die achte Masche, aus der zugenommen werden soll, keine rechte Masche, sondern eine linke Masche (siehe Punkt 1, Fehler im Patenmuster); ergo strickt man die Zunahme aus der siebten oder neunten Masche heraus.
Zum Zweiten fehlt darüber hinaus beim Rückenteil die Kontinuität der Zunahmen. Hier steht lediglich „nach 34 Maschen 1 Zunahme stricken“ […] “ … noch 2x wiederholen“. Richtig müsste es heißen: nach 36, dann nach 38 Maschen (da es ja mehr Maschen werden und die Zunahmen immer aus der mittleren Masche erfolgen).
Wie bereits am Anfang beschrieben, war diese Jacke die Mühe wert, da ich sie wahnsinnig gerne trage. Als Anfängerin hätte ich allerdings das Handtuch geworfen, ganz ehrlich.
Eine Woche Urlaub tut wieder einmal Wunder: den zweiten Ärmel der senffarbenen Jacke konnte ich bei ausgezeichnetem Nordseelicht zuende stricken und dann alle Teile vernähen. Das Aufribbeln hat sich sehr gelohnt – die Maße stimmen nun, es ist sogar Wolle übriggeblieben. Dazu trage ich das T-Shirt aus dem schwarz-weiß gestreiften Stoff – das erste Exemplar mit weiterem Kragen.
Alle, die das Modell nachstricken möchten, finden folgend die von mir angepassten Maschenanschlagszahlen. Die Höhenangaben sowie Zu- und Abnahmen habe ich gemäß Anleitung gestrickt (nicht wundern: bei den Ärmeln bleiben keine Maschen übrig, der Schulteransatz läuft spitz zu).
Heute unterstelle ich mir selbst einen gewissen Wahnsinn. Von Zeit zu Zeit von Dingen, die zu langsam gehen oder prozesshemmend sind, leicht genervt bis latent cholerisch reagierend, bin ich, wenn es um das Erstellen von Gegenständen aus Wolle, Stoff oder Holz geht, erstaunlich langmütig.
Eine Woche auf der Couch mit dicker Erkältung ließ mich innehalten und meine fast (!) fertig gestrickte senffarbene Jacke noch einmal in Ruhe betrachten. Seltsam, sie wirkte doch etwas weit, zumindest weiter als ein weit, das noch gut aussieht. Woran lag es? Ich strickte mit dem Originalgarn, mit der angegebenen Nadelstärke und hatte brav meine Maschenprobe angefertigt. Die Anleitung hatte ich mir als PDF abgespeichert – allerdings wurde die Zeichnung mit den fertigen Maßen leider nicht mit übertragen. Dies hatte zur Folge, dass ich munter weiterstrickte. Und, wie ich einem meiner letzten Beiträge schrieb, ging auch noch die Wolle zur Neige, was mich ebenfalls hätte stutzig machen müssen. Ich ärgerte mich jedoch über ungenaue Mengenangaben in der Anleitung. Nun griff ich jedoch zum Maßband: das Rückenteil sollte 54 cm messen – bei mir hatte es stolze 66 cm erreicht. Bei Vorderteilen und Ärmeln das gleiche Drama. Really too much oversize!
Was tun? Böse sein, weiterstricken und Wolle nachkaufen? Nein, lieber drei Stunden Aufribbeln in Kauf nehmen, die Maschenanzahl an die vorgebenen Maße anpassen und sich darüber freuen, dass man am Ende ein schönes (und passendes) Kleidungsstück hat.
Wahnsinnig – ja, aber es gibt so viele andere irre und zeitfressende Tätigkeiten. Von meinem 2000-Puzzle wisst ihr ja noch gar nicht …