Aus dem Leben

alles, das kreativ ist und sich nicht die anderen kategorien einfügen lässt

  • Aus dem Leben,  Wolle

    Sommerfreuden 2025

    Heute ist der 21. September 2025. Der Sommer neigt sich dem Ende. Der dänische Nordseeurlaub war wieder einmal entspannend und erholsam. Die Tage am Meer boten viel Gelegenheit für ruhige Beschäftigungen. In einer hellen Unterkunft mit viel Tageslicht war genug Raum für Bücher, Puzzle und Strickzeug.

    Die farbenfrohen Puzzles von Elena Essex machen gute Laune und gehen leicht von der Hand, so dass es diesmal tatsächlich 6.000 Teile waren, die ich zusammengebaut habe. Vor dem Urlaub gab es vom Liebsten zur Abwechslung einen Baukasten von LEGO. Der weiße Hai wird 50 in diesem Jahr und präsentiert sich nun formschön beim Angriff der Orca auf unserem Esszimmerregal.


    Garten

    Aus meiner kleinen Kräuterkrise ist inzwischen eine wahre Gartenfreude geworden.

    Verglichen mit der üppigen Pracht, die sich über den Sommer auf meinen Beeten entfaltet hat, wirken die Pflanzen aus meinem letzten Blogbeitrag fast zwergenhaft. Kurz vor unserer Abfahrt habe ich drei Basilikumpflanzen von der Fensterbank ins Hochbeet zu ihren „Schwestern“ gesetzt – dort sind sie regelrecht aufgeblüht. Der Pflücksalat lieferte unermüdlich frische Blätter und wuchs über die Beetgrenzen hinaus. Und die Petersilie? Die wächst in einer solchen Fülle, dass ich mich fast damit auf den Markt stellen könnte. Spätestens Ende September, wenn die Temperaturen sinken, werde ich mich wohl mit dem Thema Einfrieren befassen müssen.


    Bücher

    Passend zu meinem Gartenthema las ich „Der große Garten“ von Lola Randl – ein unterhaltsames und zugleich kluges Buch über eine Großstädterin, die mit zwei Kindern, zwei Männern und einem wachsenden Garten ein eher unkonventionelles Leben auf dem Land führt. Zwischen Alltagsreflexion und Selbstironie entsteht ein leiser Kommentar zur Frage, wie man leben will – und wie schwer es ist, dabei die eigenen Ansprüche und Widersprüche in Einklang zu bringen.

    Vor einiger Zeit hatte ich „Nüchtern“ von Daniel Schreiber gelesen, das mich durch Inhalt und Stil sehr beeindruckt hat. Im Urlaub las ich daher drei weitere seiner Werke: Allein, Zuhause und Die Zeit der Verluste. Alle kreisen um existentielle Fragen – nach Zugehörigkeit, Bindung, Selbstbild und der Suche nach einem Ort im Leben.

    In „Allein“ widmet er sich der gesellschaftlich wenig beleuchteten Lebensrealität allein lebender Menschen. Freundschaften gelten dabei als wichtige emotionale Anker, sind aber – anders als familiäre Bindungen – freiwillig und oft brüchig. Schreiber entlarvt die kulturelle Fantasie vom gleichklanghaften Freundeskreis und plädiert für eine realistischere Sichtweise: Freundschaften halten nur dann Wandel und Zeit stand, wenn sie Anerkennung von Unterschiedlichkeit und nicht bloß narzisstische Spiegelung bieten.

    „Der Schmerz der Einsamkeit liegt im Zusammenbruch dieser Fantasie begründet, im Scheitern der Fiktion, dass wir nicht allein auf dieser Welt sind.“

    Das Thema Einsamkeit bleibt bei Schreiber nie individuell verhaftet – es ist gesellschaftlich. Die Isolation vieler während der Pandemie hat deutlich gemacht, wie schmal der Grat zwischen funktionierender Alltagsstruktur und seelischem Rückzug ist. Dabei betont er: Niemand kann der Einsamkeit entkommen, sie ist Teil unserer Existenz – vielleicht sogar Voraussetzung für tiefergehende Begegnungen.

    In „Zuhause“ denkt Schreiber weiter – über Herkunft, Verlust und die Sehnsucht nach einem Ort, an dem man wirklich sein kann. Er spürt den Brüchen nach, die entstehen, wenn die idealisierte Vorstellung vom Zuhause mit der Realität kollidiert. In seinem persönlichen Erleben ist das Aufwachsen in der ostdeutschen Provinz ebenso prägend wie belastend, das Leben in Berlin zunehmend fremd geworden, New York ein Ort der kurzzeitigen Freiheit.

    „Für viele von uns ist es der schwierigste Ort, an dem wir die meisten Konflikte austragen – der Ort, an dem wir uns am allerfremdesten fühlen.“

    Schreiber zeigt, wie schwer es ist, sich von den eingeprägten Fantasien eines linearen, erfüllten Lebenswegs zu verabschieden: vom Familienmodell, von Paarbeziehungen als zentralem Sinnangebot, vom „richtigen Ort“. Gerade die Vorstellung, das eigene Unbehagen liege am Wohnort, ist für ihn trügerisch – oft liegt es in uns selbst. Es ist daher kein Zeichen des Scheiterns, kein Zuhause gefunden zu haben, sondern Ausdruck eines Prozesses, in dem wir immer wieder neu fragen müssen, was dieses „Zuhause“ überhaupt für uns bedeutet.

    „Es ist ein beängstigender, aber auch heilsamer Gedanke, dass es so etwas wie ein ideales Zuhause nicht gibt, nicht geben kann.“


    Wolle

    Ich suchte mal wieder die Herausforderung und bestellte mir Tynn Merinoull von Sandnes – für den Musterpullover Hindergenser (zu Deutsch: Hindernisse). Der Name ist Programm: der Einstieg in die Anleitung ist nicht ohne, aber sobald die Zunahmen geschafft sind hat und man sich ganz auf das Muster konzentrieren kann, geht es (wenn auch langsam mit Nadelstärke 3) gut von der Hand.

  • Aus dem Leben

    Zwischen Pulloverpausen und Kräuterkrisen – Gärtnern in Etappen

    Der Pullunder wollte eigentlich ein Pullunder bleiben. Doch wie das manchmal so ist: Man strickt, man zweifelt, man ribbelt – und ehe man sich versieht, hat man ein Pulloverprojekt auf den Nadeln, das sich zieht wie der letzte Februartag. Aber während sich die Maschen langsam in die Länge ziehen, wächst draußen (und drinnen) mein zweites Langzeitprojekt: das Gärtnern.

    Angefangen hat alles während der Pandemie, ganz klischeehaft, mit einem Hochbeet. Dann kamen zwei weitere dazu – klein, überschaubar, mit dem Wunsch nach ein bisschen selbstgezogenem Gemüse zwischen Alltag und Arbeit. Drei Jahre lang lief alles erstaunlich gut. Salat, Radieschen, Kräuter – alles wollte wachsen. Dann kam das vierte Jahr – und mit ihm: die Pilze. Und die Trauermücken. Schuld war vermutlich die zu feuchte Erde – und die neue Befüllung aus dem Baumarkt. Ein Anfängerfehler, den ich heute nicht mehr machen würde. Denn ich habe gelernt: Erde ist nicht gleich Erde. Licht ist nicht gleich Licht. Und Feuchtigkeit – sagen wir so: sie kann Segen oder Verderben sein.

    Heute weiß ich: die Komposterde vom Recyclinghof ist zertifiziert und enthält keine ungebetenen Gäste. Anders als die Hochbeet-Erde, die ich letztes Jahr im Gartenhandel gekauft hatte und die nicht nur Pilze, sondern auch überwinternde Trauermücken mitbrachte. Nach einem milden Winter und beschwingt durch Gründüngung schwirrten sie im Frühling immer noch durch die Beete. Erst nach konsequenter Behandlung mit einem Neudorff-Mittel und etwas Geduld kamen erste Erfolge zurück: die Radieschen kehrten zurück.

    Die Kräuter waren zurückhaltender. Also begann ich ein kleines Parallelprojekt auf der Fensterbank. 24 Anzuchtversuche später blieben drei Basilikumpflanzen übrig. Dill und Petersilie kamen draußen zunächst kaum aus der Erde, schossen dann aber langsam doch noch in die Höhe. Der Koriander hingegen gab auf – immer wieder, immer zuverlässig, sowohl draußen als auch drinnen. Der Basilikum, der draußen überlebte, tut dies im Schutz des daneben stehenden Estragons. Wer hätte gedacht, dass ausgerechnet der eine Art Bodyguard wird?

    Auffällig ist auch: der Sonnenstand scheint sich verändert zu haben. Vorletztes Jahr wuchs im vorderen Beet nichts, in diesem Jahr blüht es dort auf, während das hintere Beet vor sich hindämmert. Mein Garten hat viel Schatten – ein schmaler Lichtstreifen wandert jeden Tag durch die Fläche, aber reicht nur wenigen Stunden zum Wachsen. Auch auf der Fensterbank mangelte es an Licht. Das einzige, was dort wirklich zuverlässig funktioniert, sind die Erbsensprossen. Drei Ernten pro Topf, schnell, unkompliziert, dankbar.

    In einem kürzlich besuchten Seminar zur Selbstversorgung aus dem Garten bestätigte eine diplomierte Landwirtin und Gärtnerin genau dieses Gefühl. Sie sagte sinngemäß: Gärtnern fordert unsere Frustrationstoleranz heraus. Und ja – nach dem erfolglosen letzten Jahr tat das sehr gut zu hören.

    Manchmal denke ich: das Gärtnern ist wie das Stricken. Es geht selten ohne Rückschläge, man kann nie alles kontrollieren, und trotzdem bleibt es erfüllend. Man lernt – über Böden, über Pflanzen, über sich selbst. Und irgendwann, ganz ohne Eile, ist auch der Pullover fertig. Es gibt bei beiden selten sofortige Erfolge. Aber genau das ist Teil der Erfahrung – und vielleicht sogar der eigentliche Reiz daran.

  • Aus dem Leben,  Kultur

    Rückblick und Start ins neue Jahr

    Poirot-Bände im heimischen Wohnzimmer

    Dieses Jahr bin ich wieder pünktlich mit meinem Bericht über die gelesenen Bücher aus dem Vorjahr, von denen ich euch gerne berichten möchte.


    Lange geplant, während der Pandemie gekauft, endlich (zu Ende) gelesen:

    Daniel Kahneman: Schnelles Denken, langsames Denken

    Nach vielen Lesepausen habe ich dieses Werk endlich abgeschlossen. Kahneman, ein Pionier der Verhaltensökonomie, erklärt, wie unser Denken in zwei Systemen funktioniert: dem schnellen, intuitiven System 1 und dem langsamen, analytischen System 2. Das Buch ist ein Klassiker und bietet tiefe Einblicke in unsere Entscheidungsprozesse und kognitiven Verzerrungen. Es hilft, sich der eigenen Grenzen bewusst zu werden: Indem man versteht, wie unser Denken funktioniert, wird einem klar, wie wenig wir oft über die Qualität unserer Entscheidungen wissen und wie schwer es uns fällt, andere Menschen richtig einzuschätzen.

    „We’re blind to our blindness. We have very little idea of how little we know.“(Daniel Kahneman)

    Ernst Gombrich: Eine kurze Weltgeschichte für junge Leser

    Dieses Buch ist eine wunderbare Einführung in die Weltgeschichte, die auch Erwachsene fesselt. Gombrich erzählt die Geschichte der Menschheit in einer klaren, verständlichen Sprache und gibt dabei stets zu bedenken, wie unsere Sichtweise von der jeweiligen Zeit und Kultur geprägt ist. Es ist ein lehrreiches Werk, das Geschichte lebendig macht und auch die großen Zusammenhänge verständlich erklärt, insbesondere für Menschen wie mich, die in der Schulzeit sehr trockenen und uninteressanten Geschichtsunterricht hatten.


    Diese Bücher waren aus meiner Sicht sehr lesenswert:

    Agatha Christie: Poirot-Romane und Biografie

    Nachdem ich die Miss-Marple-Romane und ihre Verfilmungen mehrfach genossen habe, wandte ich mich nun Hercule Poirot zu. Besonders die Verfilmungen mit Peter Ustinov haben mich begeistert. Agatha Christie war eine faszinierende Persönlichkeit, die ihrer Zeit weit voraus war. Obwohl sie sich nie als Feministin bezeichnete, war ihr Werk oft von modernen und emanzipierten Ansichten geprägt. Ihre Autobiografie habe ich zum Geburtstag geschenkt bekommen und freue mich darauf, mehr über ihr Leben zu erfahren. Ergänzend dazu habe ich die Biografie von Barbara Sichtermann gelesen, die interessante Einblicke in Christies Leben und Werk bietet.

    Isabella Caldart: Nirvana – (Reclam-Reihe 100 Seiten)

    Im April 2024 erlebte ich eine kurze Retro-Grunge-Phase, las viel über Nirvana und schaute mehrere Konzerte und Interviews. Caldart liefert in ihrem Buch neue Perspektiven auf Kurt Cobain, die das typische männlich-heteronormative Bild des Musikers durchbrechen. Sie beleuchtet seine Sensibilität, seine Kämpfe mit der Geschlechterrolle und seinen Einfluss auf die Musikgeschichte. Ein kurzweiliges, aber tiefgehendes Werk.

    Valentin Groebner: Ferienmüde

    Groebner bietet eine kritische Sicht auf den Luxus des Reisens in der modernen Welt. Seine Analyse zeigt, wie ungleich das Recht auf Mobilität verteilt ist und wie viele Traumziele Europas eine dunkle Geschichte der Unfreiheit und des Sklavenhandels haben. Ein Augenöffner für die Schattenseiten des Tourismus. Besonders im Hinblick auf den Klimawandel ist das Thema sehr relevant, da das ungebremste Reisen den globalen Ressourcenverbrauch und die Umweltbelastung verstärken. Das Anspruchsdenken der westlichen Welt, die Reisefreiheit als Selbstverständlichkeit zu betrachten, wird durch Groebner klar hinterfragt.

    „Auf denkwürdige Weise sind viele Traumdestinationen der Europäer – die Karibik, die kanarischen Inseln, aber auch Venedig – historisch geprägt durch das genaue Gegenteil von Freiheit: nämlich durch Sklavenhandel. Das Recht auf Mobilität ist aber auch heute ziemlich ungleich verteilt. Für drei Viertel der Weltbevölkerung war das auch vor Corona keine Selbstverständlichkeit: weil sie keinen deutschen oder Schweizer Pass haben.“ (Valentin Groebner)


    Diese Bücher von Autor:innen, die ich schätze, haben mich leider enttäuscht:

    Adeline Dieudonné: Bonobo Moussaka

    Leider konnte mich dieses Werk nicht so begeistern wie ihr Debüt Das wirkliche Leben. Es fehlte die Intensität und der feine Humor, die ihren ersten Roman auszeichneten.

    Alexander Gorkow: Mona

    Ein weiteres Buch, das gut geschrieben ist, aber durch seine Langatmigkeit nicht vollends überzeugen konnte. Gorkows Stil ist ansprechend, doch die Erzählung zieht sich stellenweise zu sehr in die Länge.

  • Aus dem Leben,  Wolle

    Ganz in weiß

    Meine Handarbeits-Herausforderung für 2024: einen Pullover innerhalb kurzer Zeit für eine andere Person stricken.

    Meine liebe Schwiegermutter hatte schon vor einiger Zeit den Wunsch geäußert, ein Kleidungsstück von mir gestrickt zu bekommen. Sechs Wochen vor ihrem 75. Geburtstag äußerte sie dann einen konkreten Wunsch: der Kein Schnickschnack-Pullover von PetiteKnit hatte ihr Herz erobert – und ich geriet ein wenig ins Schwitzen. Abzüglich der Zeit für das Bestellen von Wolle und Anleitung sowie das Maßnehmen blieben mir netto nur fünf Wochen. Zum Glück hatte sie mir eine Pullover-Vorlage mitgegeben, auf die ich mein Strickstück in zeitlichen Abständen legen und vergleichen konnte.

    Bereits bei mir selbst finde ich die Auswahl der richtigen Größe oft schwierig. Besonders bei den PetiteKnit-Anleitungen – die ich sehr schätze – stimmen Größe und angegebene Stricknadelstärke oft nicht genau. Daher entschied ich mich bei diesem Modell für Größe L und strickte entsprechend der Maschenprobe mit einer halben Nadelstärke kleiner. Nach zwei Wochen gab es eine Zwischenanprobe, die gut aussah und mich ein wenig beruhigte. Der Rumpf bekam zum Schluss doch noch ein paar zusätzliche Zentimeter, was mir die Gelegenheit gab, mich weiter im italienischen Abketten zu erproben.

    Der fertige Pullover kann sich sehen lassen, und meine Schwiegermutter hat sich sehr darüber gefreut. Nun muss es noch etwas kälter werden, da sie es nicht gewohnt ist, so warme Kleidungsstücke zu tragen.