• Aus dem Leben,  Kultur

    Hyggelig og doven

    Keine Wolle mit im Gepäck? Unkreativ?

    Jawohl, dieses Mal war ich im Dänemark-Urlaub richtig faul. Faul im Sinne von nicht-strickend. In meinem letzten Blog-Artikel berichtete ich bereits über eine gewisse Woll-Lethargie, die mich derzeit befällt, jedoch noch nicht über die Maßen beunruhigt. Weder in der Hauptstadt des königlichen Dänemarks noch in der feudalen Hütte im hohen Norden vermisste ich meine Nadeln. Aber der Reihe nach …

    Der diesjährige Hygge-Urlaub war angereichert mit Kultur. Als waschechte Achtel-Dänin hegte ich den Wunsch, endlich in die Geburtsstadt meines Großvaters zu fahren. Also reisten der Liebste und ich über die Storebælt-Brücke nach Kopenhagen.

    København ist fantastisch: die Stadt strahlt eine Ruhe aus, die ich brauche und ist trotzdem so quirlig, wie es von einer Hauptstadt zu erwarten ist. Besonders begeistert hat mich der Raum, der den Fahrradfahrerinnen zugesprochen wird. In Hamburg befinde ich mich als Fußgängerin eigentlich immer in Alarmbereitschaft, weil jederzeit ein Fahrrad von vorne oder hinten kommen kann und ein sicheres Fahren auf der Straße nur selten möglich ist, häufig, weil Fahrradwege schlichtweg fehlen. In Kopenhagen war alles im Fluss. Jede Verkehrsteilnehmerin hatte ihren Platz – und zwar zu gleichen Teilen.

    In einer Reportage habe ich kürzlich gesehen, dass selbst in einer fahrradliebenden Stadt wie Kopenhagen die Umwandlung der Verkehrs-Infrastruktur zu Gunsten der Fahrräder und damit einhergehend zu Ungunsten der Autos, auf verhältnismäßig großen Widerstand stieß. Doch der amtierende Bürgermeister von Kopenhagen konnte sich glücklicherweise durchsetzen. Nicht nur die Däninnen haben begriffen, dass die Zukunft in den Städten nur ohne Autos gelingen kann. Längst gibt es andere europäische Länder, die nachziehen. Allen, die das Fahrrad als gemütliches und umweltschonendes Fortbewegungsmittel ansehen und nicht als schickes Kampfinstrument, sei dieser Buchtipp aus der SZ ans Herz gelegt: Copenhagenize von Mikael Colville-Andersen, „[…] ein sanfter Stadtdurchgondler, kein Fundamentalist, sondern ein blitzgescheiter Mensch, der vor allem zeigt, dass durch den Ausbau des Radverkehrs die ganze Stadt profitiert“.

    Aufgrund der Hitze beschränkten wir uns auf wenige Sightseeing-Sensationen. Was machen zwei Bibliothekarinnen im Urlaub? – Richtig, sie besuchen eine Bibliothek.

    Auch wenn bei der Besichtigung ausländischer Bibliotheken jedes Mal innerlich die Tränen fließen – was ist alles möglich, nur nicht bei uns? –, muten wir es uns jedes Mal wieder zu. In der dänischen Nationalbibliothek, zurecht auch die Dänische Königliche Bibliothek genannt, war es jedoch wirklich schwierig, die Fassung zu bewahren.


    Schließlich fand ich auf einem unserer Streifwege noch ein echtes Femi-Haus mit Laden: Kvindehuset. Die Besitzerin Lisbeth Jorgensen hat es 1978 gegründet. Als ein Ort für feministische und politische Aktivitäten, dient es auch als Verkaufsraum für selbstbedruckte Kleidung. Mein erstes Femi-Shirt mit einem Geschenk-Sticker aus meinem Geburtsjahr!


    Der anschließende Weg in den Norden war befreiend. Die kühle Nordsee empfing uns mit offenen Armen. Wir genossen den leichten Wind und den strahlend blauen Himmel.

    Ich vertrieb mir die Zeit mit fünf Ravensburger-Puzzles (insgesamt 5500 Teile) und einigen Podcasts des SWR-2-Forum.

    Gelesen habe ich Factfulness von Hans Rosling (zuende), zwei von insgesamt fünf Werken der wundervollen Karin Alvtegen (Schuld und Scham), der immer ausgeliehene, doch nun vorgemerkte neueste Roman von Joy Fielding (Solange du atmest), Eine Geschichte der Wölfe von Emily Fridlund (eine Coming of age-Geschichte aus Minnesota), ein Buch über die evolutionär bedingte Suche nach Mustern, die es häufig gar nicht gibt von Florian Aigner (Der Zufall, das Universum und du) und ein philosophisches Buch über die Verantwortung von Kindern gegenüber ihren Eltern von Barbara Bleisch (Warum wir unseren Eltern nichts schulden).

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